In meiner Zeit als Bereichsleiter in einem multinationalen Unternehmen verbrachte ich im Durchschnitt zwischen 60 und 80% meiner Zeit in Meetings. Reisezeit nicht eingerechnet. Ich empfand das als normal.
Bei vielen Führungskräften ist das heute nicht anders. Ein Termin reiht sich an den nächsten. Viele davon sind so genannte „Regeltermine“, also quasi ein Abo auf ein Meeting – praktischerweise steht es jede Woche automatisch im Kalender. In Führungsworkshops, die ich gebe, kommt häufig die Frage auf, wie man Zeit sparen oder zumindest effektiver nutzen kann. Für sehr viele Führungskräfte, insbesondere im mittleren Management, ist der größte Hebel Meetings. Wenn ich die Teilnehmerinnen mit der These konfrontiere, dass etwa die Hälfte der Meetings nicht wichtig seien, bekomme ich nie Widerspruch. Nicht selten kommt der Einwand, der Anteil der unwichtigen Meetings sei größer.
Es gibt mindestens zwei Kategorien von „unwichtig“ und mit anderen Worten Zeitverschwendung:
1. Das komplette Meeting ist unwichtig.
Gibt es für ein Meeting keine Agenda und keine klare Zielsetzung und wird am Ende des Meetings kein (Aktions-)Protokoll erstellt, kann man davon ausgehen, dass das Meeting komplett unwichtig ist. Werde ich zu einem solchen Meeting eingeladen, frage ich höflich, ob der Organisator mir bitte die Agenda zusenden kann, damit ich prüfen kann, welchen Beitrag ich leisten kann und ob es zu meinen Prioritäten passt. Erhalte ich die Agenda nicht, sage ich meine Teilnahme ab. Die Erfahrung zeigt, dass diese „Methode“ zu enormer Zeitersparnis führt. Manager, die die „Kein Meeting ohne Agenda“-Regel umsetzen, haben häufig zwischen drei und fünf Stunden pro Woche Zeit für ihre eigentlichen Prioritäten.
Bin ich in einem solchen Meeting gelandet, ist der Schaden zumindest teilweise schon geschehen. Was ich aber tun kann: ich mache gleich zu Anfang einen Agenda-Vorschlag und empfehle den Anwesenden, gemeinsam ein Ziel für die Zusammenkunft zu vereinbaren. Am Ende biete ich freiwillig an, das Protokoll zu schreiben. Effekt: ich bestimme den Ausgang des Meetings. Wenn ich das Protokoll versende, bitte ich immer um Korrekturen oder Ergänzungen. Selten erhalte ich Antwort darauf. Und Schweigen ist in diesem Fall Zustimmung. Mein Protokoll und die darin festgehaltenen Vereinbarungen gelten.
2. Das Meeting hat zwar wichtige Bestandteile, die auf meine Ziele einzahlen. Es dauert nur viel zu lang.
Die meisten Meetings sind zu lang. Auch an sich wichtige Meetings. Oft fehlt ein Moderator (Melden Sie sich freiwillig als Moderator!), oder der vorgesehene Moderator hält sich zu sehr zurück und lässt Diskussionen länger laufen, als zielführend ist. Sehr viele Meetings könnten in 20-30 Minuten beendet sein, wenn sowohl der Initiator als auch der Moderator und am besten alle Teilnehmer vorbereitet wären. Auch bei Meetings gilt das Parkinson’sche Gesetz: jede Aufgabe nimmt sich die Zeit, die man ihr zuweist. Ist die Standardlänge einer Besprechung eine Stunde, dann dauern die meisten Meetings auch (mindestens) eine Stunde, auch wenn bereits nach einer halben Stunde alle relevanten Themen besprochen worden sind.
Auch wenn sich mit der Verkürzung von Meetings und der Nichtteilnahme an Besprechungen ohne Agenda viel Zeit einsparen lässt, bin ich kein Feind von Meetings. Im Gegenteil: ich bin überzeugt davon, dass viele Meetings wertschöpfend, hilfreich und zum Teil äußerst produktiv sind. Produktiv sind sie immer dann, wenn durch die Kombination der Teilnehmer mehr erreicht werden kann, als die einzelnen Teilnehmer für sich allein genommen in der entsprechenden Zeit erreichen können. Anders ausgedrückt, wenn sie Synergie schaffen, wenn sie mit Energie versorgen, anstatt die Teilnehmer energetisch „auszusaugen“. Es gibt sie, die „magnetischen Meetings“, zu denen Mitarbeiter gerne gehen, weil dort Verbindung zwischen den Kollegen passiert.
Mich würde interessieren: ein wie hoher Teil Ihrer Meetings in Ihrem Unternehmen ist verschwendete Zeit? Warum? Und: was tun Sie dagegen?
Ich freue mich auf Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Conrad
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