Alle meine über 30 Gesprächspartner habe ich gefragt, was ihnen einfällt, wenn sie „Magnetische Unternehmenskultur“ hören. Die meisten haben positiv auf den Begriff reagiert und sind auf die Metapher des Magneten eingestiegen. Das Naheliegende wurde erwartungsgemäß am häufigsten genannt: Eine Magnetische Unternehmenskultur zieht Menschen an, ist attraktiv (anziehend) für Mitarbeiter und für Kunden. Diese Anziehungskraft führt dazu, dass Menschen sich zu einem Unternehmen hingezogen fühlen und auch dortbleiben.
„Vom Druck zum Sog“ hat es Klaus Kobjoll ausgedrückt. Kobjoll ist der Gründer des Schindlerhofs in Nürnberg und ein bekannter Redner und Autor. Der Mitarbeiter oder Kunde fühlt sich dem Unternehmen zugewandt und zugehörig. Mehr noch, er fühlt sich „elektrisiert“, ist begeistert und kann sein kreatives Potenzial ausschöpfen. Er ist bereit, „die Extrameile zu gehen, weil er Vertrauen hat“, wie es Uwe Scheuermann formuliert. Scheuermann ist Geschäftsführer der australischen Tochtergesellschaft und Mitglied des europäischen Management-Teams von Freudenberg Home and Cleaning Solutions.
Diese Anziehung, dieser Sog hat einen wesentlichen Effekt, der sich wie ein roter Faden durch dieses Buch zieht: Anziehung schafft Be-ziehung. Und diese Beziehung wiederum schafft eine Verbindung und eine Verbundenheit, die dafür sorgt, dass Menschen dortbleiben. Das gilt für Kunden ebenso wie für Mitarbeiter.
„Da will ich hin, da will ich mitmachen“ ist das, was mich anzieht.
„Ich bin dabei, ich fühle mich zugehörig“ ist das, was mich hält.
Und das, was mich stolz macht. Eine Magnetische Unternehmenskultur ist auch eine Stolz-Kultur. Der Stolz führt dazu, dass Mitarbeiter (oder Kunden) die Firma weiterempfehlen.
Ein Magnet ist aber auch ein Energiefeld, das nicht sichtbar, aber spürbar ist. Neben der reinen Anziehung kennen Viele das Experiment mit den Eisenspänen, die sich um die Magnetpole anordnen. Dieses Muster, das der Magnet mit seiner unsichtbaren, fast „magischen“ Kraft erzeugt, schafft Klarheit, sortiert. Günter Schmitz, Gründer des erfolgreichen Handwerkunternehmens COPLANING in Luxemburg, drückt es so aus: „Der
[magnetische]
Betrieb ist sexy, erzeugt Stolz, man will mitmachen… Problem: Die meisten wissen nicht, wofür sie stehen – da kriegst du Pizza, Döner, Fritten.“ Magnetische Unternehmen sind klar bezüglich dessen, wofür sie stehen und welche Kunden und Mitarbeiter sie anziehen wollen.
„Durch Magnetismus werden nicht alle angezogen, sondern nur die, die dazugehören, den richtigen Pol haben… Der Magnetismus sortiert auch. Es entsteht ein Muster und auch eine Aussortierung. Das muss einem bewusst sein, wenn man über Unternehmenskultur spricht. Diesen Magnetismus loszutreten und die Pole freizusetzen – überraschend, was dann an Sortierung entsteht. In der Literatur liest man, dass 50% [der Menschen] der Veränderung folgen und 50% sie ablehnen. Wir haben eine deutlich stärkere Kraft entwickelt – wir reichen [in der Veränderungsphase] an die 80% ran, sprich 80% sind gegangen, weil sie den Weg nicht für sich sehen.“
Schaut man auf die physikalische Eigenschaft des Magneten, dann zieht er an – aber nur bestimmte Elemente und Stoffe. Diese wiederum stehen für Menschen mit bestimmten Eigenschaften, Erwartungen, Haltungen oder Kompetenzen. Ein Magnet zieht nur die Materialien an, die magnetisch sind. Holz und Papier werden nicht angezogen, wohl aber Eisen. Schon dadurch sortiert er. Und durch das Magnetfeld um ihn herum schafft er Muster und damit Klarheit.
Noch etwas hat mich als Kind neben der Magnetverbindung der Brio®-Eisenbahnwagen und der Muster fasziniert, die Magneten mit Eisenspänen erzeugen. Das war die Tatsache, dass es ja eine starke magnetische Kraft gibt, die dafür sorgt, dass alle Kompassnadeln auf der Welt sich nach ihr ausrichten: Den magnetischen Nordpol. Wer magnetisch ist, gibt demnach auch eine Richtung vor. Er hilft Menschen, sich auszurichten, und gibt ihnen Orientierung.
Unternehmen können als magnetisch wahrgenommen werden, weil sie attraktive Produkte anbieten. Man hat gehört: Dort macht es Spaß, zu arbeiten. Oder sie stehen für eine Sache, tun etwas für die Gesellschaft. Unter den Unternehmen, die als magnetisch wahrgenommen werden, sind zahlreiche sehr bekannte Firmen. Diese bieten attraktive Produkte und Dienstleistungen an, was zunächst nichts über ihre (innere) Kultur aussagt. Mehrfach genannt werden Unternehmen wie Google, Porsche oder BMW. Ich nenne diese Dimension „Fokus“. Sie beschreibt das Geschäftsmodell des Unternehmens.
Die zweite Dimension bezeichne ich als „Verbindung“. Ein Gesprächspartner nannte es die „menschliche Ebene“ – in ihr geht es um die internen und externen Beziehungen. Das dritte Element, das über die reine Beziehungsebene hinausgeht, ist die Energie-Dimension. Sie beschreibt die Art, „wie“ im Unternehmen gearbeitet wird, die „Organisation“. Die vierte Dimension ist die Sinn-Dimension. Mit ihr verbunden ist die Sehnsucht, Teil von etwas Größerem zu sein, mitzuarbeiten an einer Sache, die es Wert ist, dass man sich dafür einsetzt. Unternehmen, die die Sinnfrage für potenzielle Mitarbeiter, aber auch für Kunden klar beantworten können, werden von diesen als anziehend wahrgenommen.
Das Adjektiv „magnetisch“ in „Magnetische Unternehmenskultur“ bedeutet daher zusammengefasst:
Magneten
- Erzeugen Klarheit und Fokus.
- schaffen durch ihre Anziehung Verbindung,
- sorgen durch ihre Sortierwirkung für Struktur und Organisation
- geben Richtung, Orientierung und Sinn.
Was macht Unternehmenskulturen magnetisch? – Die 4 Dimensionen Magnetischer Unternehmenskultur
Starke Unternehmenskulturen sind magnetisch – sie erzeugen Fokus, schaffen Verbindung, sorgen für Organisation und Sinn und gewährleisten dadurch Kontinuität und damit Nachhaltigkeit. Unternehmenskultur definiere ich als die Summe aller Einstellungen und Verhaltensweisen in einer Organisation. Organisation kann ein Team, ein Bereich, eine Geschäftseinheit, ein Unternehmen oder ein großer Konzern sein.
Innerhalb einer großen Organisation kann es Sub-Kulturen und große Unterschiede in Einstellungen und Verhaltensweisen geben. Das gilt gerade dann, wenn es sich um internationale Organisationen handelt, in denen es auch große interkulturelle Unterschiede gibt.
Ich werde nun die Grundthesen des Buches ausführen, die dann in den folgenden Kapiteln vertieft und mit Beispielen illustriert werden. Zusammengefasst sind sie im Modell der 4 Dimensionen Magnetischer Unternehmenskultur.
Magnetisch werden Unternehmenskulturen, wenn sie
- einen überzeugenden Sinn und damit eine Bestimmung haben (WARUM?)
- ein hohes Maß an Energie aufweisen durch die Art ihrer Organisation (WIE?)
- Verbindung schaffen durch die vertrauensvolle Gestaltung ihrer Beziehungen (WER?)
- einen klaren Fokus und ein nachhaltiges Geschäftsmodell haben (WAS?)
aus: „Magnetische Unternehmenskultur – Wie Unternehmen die PASSENDEN Mitarbeiter und die IDEALEN Kunden anziehen, von Christian Conrad, 2019
Mit freundlichen Grüßen
Christian Conrad
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